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Bikepacking in der Toskana: 2 Wochen Natur, Genuss & Abenteuer

  • Autorenbild: Manuel Strebl
    Manuel Strebl
  • 10. Juni
  • 14 Min. Lesezeit

Zwischen der tyrrhenischen Küste und dem Apennin liegt eine Region, die wie kaum eine andere das klassische Italien verkörpert: die Toskana. Sanfte Hügel, Zypressenalleen, Weinberge und mittelalterliche Dörfer prägen das Landschaftsbild. Weltbekannte Städte wie Florenz, Pisa und Siena ziehen Besucher mit Kunst und Geschichte an – doch es sind auch Orte wie San Gimignano oder Pitigliano, die mit ihrem gewachsenen Charme und stillen Gassen begeistern. Die Dichte an UNESCO-Welterbestätten ist bemerkenswert, die Küche eine Klasse für sich. Wer die Toskana bereist, entdeckt nicht nur eine Region – sondern ein Lebensgefühl.


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Bikepacking-Setup


Mein Setup in Kürze:



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Streckenprofil & Highlights


Gefahren bin ich die Tour im Mai – als Basis diente der Tuscany Trail von 2021. Die Originalroute habe ich allerdings an mehreren Stellen angepasst: weniger Rennen, mehr Raum für Orte, die mich interessierten. So kam unter anderem der Abstecher nach Elba dazu – und ein etwas entspannterer Rhythmus insgesamt.


Am Ende standen rund 620 Kilometer und 9.080 Höhenmeter auf dem Tacho. Die Strecke bot eine gute Mischung aus Nebenstraßen, Schotterpassagen, ordentlichen Anstiegen und ruhigen Abschnitten. Die großen Städte lagen auf dem Weg, aber die eigentlichen Highlights fand ich oft dazwischen – dort, wo’s keine Sehenswürdigkeiten braucht.



Von München nach Florenz – entspannt mit der Bahn


Wer öfter mit der Bahn reist, weiß: Zuverlässigkeit ist nicht immer garantiert – besonders nicht auf deutschen Strecken. Entsprechend vorsichtig war meine Erwartung, als ich meine Anreise von München nach Florenz plante. Doch diesmal lief alles erstaunlich glatt.


Die Reise begann mit dem ÖBB EuroCity, der pünktlich am München Hbf abfuhr und mich entspannt bis Verona brachte – einem wichtigen Drehkreuz für internationale Zugverbindungen zwischen Mitteleuropa und Italien. Dank vorab gebuchter Fahrradreservierung war mein Rad sicher verstaut, der Sitzplatz komfortabel.


In Verona stieg ich in einen Regionalzug der Trenitalia nach Bologna um – auch hier verlief alles unkompliziert. Die italienischen Züge boten ausreichend Platz für das Rad und kamen zuverlässig ans Ziel. Von Bologna aus war es dann nur noch eine kurze Etappe bis Florenz.


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Insgesamt dauerte die Fahrt etwa siebeneinhalb Stunden, die überraschend schnell vergingen. Besonders im EuroCity der ÖBB sorgte das freundliche Personal und ein kleiner Bordservice mit Snacks und Getränken für eine angenehme Atmosphäre.


Unterm Strich: eine durchweg entspannte Anreise – und ein seltener Beweis dafür, dass Bahnfahren auch mit Fahrrad richtig gut funktionieren kann.


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Florenz – Zwischen Renaissance und Realität


Florenz, die Hauptstadt der Toskana, zählt rund 360.000 Einwohner – keine Kleinstadt, aber auch keine anonyme Metropole. Durch die vielen Tourist:innen wirkt die Stadt dennoch größer, dichter, lauter als sie tatsächlich ist. Vor allem in der Altstadt, wo sich Geschichte, Cafés, Menschenmengen und Fotospots auf engstem Raum ballen.


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Trotzdem: Wer mit dem Rad unterwegs ist, erlebt Florenz aus einer anderen Perspektive. Ich ließ mich treiben – vorbei am Dom Santa Maria del Fiore mit seiner mächtigen Kuppel, zur Ponte Vecchio mit ihren Goldschmiedeläden, dann weiter durch kleinere Gassen, in denen der Rummel abnimmt. Besonders eindrücklich war für mich ein kurzer Stopp an der Biblioteca delle Oblate – einer öffentlichen Bibliothek mit ruhigem Innenhof und einem kleinen Café auf der Dachterrasse. Von dort hat man einen nahezu perfekten Blick auf die Domkuppel – ganz ohne Menschenmasse.



Auch der Anstieg zum bekannten Piazzale Michelangelo war mit dem Rad gut machbar. Statt direkt zur Aussichtsplattform zu fahren, legte ich eine Pause im darunterliegenden Giardino delle Rose ein – ein kleiner, oft übersehener Rosengarten mit Blick über die Stadt. Weniger spektakulär, aber dafür leise, grün und angenehm leer.


Übernachtet habe ich im Foresteria Sociale Florence Hostel. Die Lage war zentral, und der Innenhof hatte durchaus Charme – doch der Aufenthalt hinterließ gemischte Eindrücke. Das Personal war eher reserviert, und für viele Extras fielen Zusatzkosten an. Selbst das sichere Unterstellen meines Fahrrads war kostenpflichtig – etwas, das ich so bislang in keiner Unterkunft erlebt hatte. Es wirkte ein wenig wie ein günstiges Online-Angebot, das vor Ort Schritt für Schritt teurer wird.



Zum Ausgleich ging’s am Abend in den Stadtteil Oltrarno, in die Trattoria Sabatino – eine einfache, ehrliche Adresse abseits der touristischen Spots. Kein Design, kein Instagram – dafür gute toskanische Küche, volles Lokal und faire Preise.


Am nächsten Morgen fuhr ich zum Abschluss noch hinauf nach Fiesole, oberhalb der Stadt. Der kurze, aber knackige Anstieg wurde mit einem ruhigen Blick über das Arnotal belohnt. Florenz wirkte von dort oben wie eine andere Stadt – stiller, weiter, fast entspannt.


Das Chianti-Panorama – Nur einen Steinwurf von Florenz entfernt


Nur etwa 30 Kilometer südlich von Florenz beginnt eine der ikonischsten Landschaften Italiens: das Chianti-Gebiet. Kaum lässt man die Stadt hinter sich, weitet sich der Blick über sanfte Hügel, gesäumt von Olivenhainen, Zypressen und endlosen Weinbergen – eine Szenerie, wie man sie sonst nur aus Kalendern kennt. Die kurvigen Straßen führen vorbei an kleinen Dörfern, jahrhundertealten Gutshöfen und Burgen, die sich wie natürlich in die Landschaft einfügen.

Berühmt ist die Region natürlich für ihren Wein. In vielen der lokalen Cantinas kann man nicht nur probieren, sondern auch mehr über den Anbau und die Geschichte des Chianti erfahren – ein Erlebnis, das nicht nur Weinliebhaber:innen anspricht.



Die Landschaft selbst verändert sich mit Licht und Tageszeit. Mal weich und pastellig, mal leuchtend und klar – der Kontrast zur lebhaften Kulisse von Florenz könnte kaum größer sein. Wer sich Zeit nimmt und auf den kleinen Straßen und Feldwegen unterwegs ist, wird schnell merken: Hier geht es nicht nur um Wein, sondern um ein Gefühl von Ruhe, Weite und Ursprünglichkeit.


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Nach rund anderthalb Stunden Fahrt erreichte ich San Gimignano – eine Stadt wie aus einem Mittelalterfilm. Hoch auf einem Hügel gelegen und von weitem schon durch ihre markanten Türme sichtbar. Einst standen hier über 70 dieser steinernen Statussymbole, heute sind es noch 14. Die meisten ragen 40 bis 50 Meter in den Himmel und verleihen der Stadt ihr unverwechselbares Profil.



Ich schlenderte durch enge Gassen, vorbei an alten Steinmauern, kleinen Läden und Cafés – und landete eher zufällig vor der Gelateria Dondoli. Die Menschenschlange davor war nicht zu übersehen, ebenso wenig wie die vielen Gäste, die glücklich Eis und Selfies zugleich genossen.

Neugierig geworden, kam ich mit dem Besitzer ins Gespräch – Sergio Dondoli, eine Art Rockstar der Gelato-Welt. Mit großer Leidenschaft erzählte er mir von seiner Mission, das perfekte Eis zu schaffen. Seine Kreationen wurden mehrfach prämiert, unter anderem bei Weltmeisterschaften – zurecht, wie ich nach dem ersten Löffel feststellen konnte. Geschmacklich komplex, handwerklich makellos – ein echtes Highlight meiner Tour.



Siena – Geschichte zum Anfassen


Nach den ruhigen Hügeln des Chianti, den weiten Weinbergen und verschlafenen Dörfern, wirkte Siena wie ein Kontrastprogramm. Die Stadt empfing mich mit Energie, dichter Geschichte und einer Atmosphäre, die sofort spürbar anders war. Wo das Chianti gelassen wirkt, erzählt Siena an jeder Ecke – von Macht, Kunst und tief verwurzelter Tradition.


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Mein erster Stopp: die Piazza del Campo. Der muschelförmige Hauptplatz, von rotbraunem Ziegelsteinpflaster durchzogen, liegt wie eine große, geneigte Arena im Herzen der Altstadt. Neun Abschnitte teilen den Platz fächerförmig – als Symbol für den einstigen Stadtrat der Neun, der Siena im 13. und 14. Jahrhundert regierte. Rundherum säumen ihn historische Palazzi mit warmen Fassaden, Loggien und mittelalterlichen Bögen.



Das Zentrum des Platzes markiert die Fonte Gaia, ein kunstvoll verzierter Brunnen, der im Mittelalter das erste öffentliche Wasserreservoir der Stadt war. Direkt gegenüber erhebt sich der monumentale Palazzo Pubblico, das Rathaus aus dem 13. Jahrhundert, mit seiner eleganten Fassade aus Backstein und Travertin. Daran angeschlossen: der filigrane, 102 Meter hohe Torre del Mangia, der wie ein Pfeil in den Himmel ragt – von oben hat man einen der besten Blicke über Siena.


Was den Platz aber wirklich besonders macht, ist seine lebendige Nutzung: Menschen sitzen auf dem warmen Pflaster, lehnen sich an die Hauswände, trinken Espresso, unterhalten sich, lesen oder lassen einfach nur den Blick kreisen. Zwei Mal im Jahr wird der Platz zum Schauplatz des Palio di Siena, einem jahrhundertealten Pferderennen, das im Kreis um den Platz geführt wird. Dann verwandelt sich das Campo in eine Sandbahn, die Stadt in ein Hexenkessel aus Farben, Fahnen und Stolz. Für die Sienesen ist der Palio kein Event – es ist gelebte Identität, tief verankert im Alltag.


Und dann: der Dom von Siena – für mich ein echtes Highlight. Schon von außen beeindruckt die Fassade mit schwarzem und weißem Marmor. Im Inneren dann: Fresken, Bögen, filigrane Details in fast jeder Ecke. Der gesamte Bau wirkt wie ein Manifest der toskanischen Gotik – kunstvoll, kraftvoll, überwältigend. Ich hätte stundenlang bleiben können, einfach nur schauen, stehen, staunen.



Siena war für mich mehr als nur ein Zwischenstopp. Es war einer dieser Orte, an denen Geschichte nicht aus Büchern spricht, sondern aus Stein, Raum und Menschen.


Ungeplant schön - Zwischen Siena und Radicofani


Der Tag begann mit einem kleinen Rückschlag – oder besser: mit Luftverlust. Seit mir im Chianti das Zugseil der Schaltung gerissen war, prüfe ich morgens routiniert mein Rad. Und diesmal entdeckte ich prompt den ersten Platten der Tour. Also Schlauch flicken, Kaffee suchen, neu sortieren. Routine für Bikepacker – aber nie ganz willkommen.


Da ich noch einen Ersatzschlauch brauchte, machte ich mich früh auf in die Stadt. Die Läden waren noch geschlossen, und so nutzte ich die Gelegenheit, Siena in selten gewordener Ruhe zu erleben – bevor sich wieder Gruppen durch die Gassen schieben und Kameras in alle Richtungen klicken. Für einen Moment gehörte die Stadt nur mir.


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Dann ging es weiter – ohne genauen Plan, nur mit dem Wunsch, der Straße zu folgen. Der Weg führte mich durch eine Landschaft, wie sie toskanischer kaum sein könnte: goldene Felder, einsame Zypressen, sonnenverbrannte Höhenzüge. In San Quirico d’Orcia, einem winzigen Ort auf einem Kamm, blieb ich kurz stehen. Kein Mensch zu sehen, nur Weite. Diese Stille hatte fast etwas Surreales – als hätte jemand die Welt auf Pause gedrückt.


Später erreichte ich Pienza. Die Stadt ist wie eine Miniatur-Renaissance im Postkartenformat, mit harmonisch geplanten Gassen und einem Platz, der von Papst Pius II. entworfen wurde. Ich probierte Pecorino, den berühmten Schafskäse der Region, und ließ mich treiben – wie der ganze Tag: ohne Ziel, aber voller Eindrücke.



Erst als die Sonne langsam hinter die Hügel rutschte, wurde klar: Ich brauche eine Unterkunft. In Radicofani traf ich auf andere Teilnehmer des Tuscany Trail, die ebenfalls suchten – erfolglos. Alles ausgebucht. Gerade als ich überlegte, wo ich zur Not mein Zelt aufschlagen könnte, sprach mich ein anderer Fahrer an – ein Italiener, der seit Jahren in Deutschland lebt und ebenfalls auf Tour war. Wir kamen ins Gespräch, und kurzerhand bot er an, mir bei der Suche zu helfen.

Am Ende fand ich über ihn Unterschlupf bei einer lokalen Familie – gastfreundlich, warmherzig, unkompliziert.



Das Mittelmeer im Blick


Der Tag begann früh – vor mir lagen rund 130 Kilometer bis ans Mittelmeer. Leise schob ich mein Rad durch den Hof der Familie, die mich am Vorabend so herzlich aufgenommen hatte. Doch ich war nicht der Einzige, der wach war: Die Großmutter stand am Fenster, bemerkte meine Abreise – und rief mir ein freundliches „Vuoi un espresso?“ hinterher.


Ich lächelte, schaute zurück und sagte: „Grazie, aber ich habe heute noch einen weiten Weg vor mir – ich möchte das Meer erreichen.“ Ich bedankte mich für ihre Wärme, für die ruhige Nacht, für alles. Dann fügte ich noch hinzu:„Ich hoffe, wir sehen uns eines Tages wieder – vielleicht nicht hier, aber irgendwo, wo die Sonne genauso warm scheint.“


Sie nickte, ganz langsam – ein stilles, freundliches Nicken. Ob sie meine Worte verstanden hatte, wusste ich nicht genau. Aber vielleicht war das auch gar nicht so wichtig.


Ich trat in die Pedale und ließ Radicofani hinter mir. Die kühle Morgenluft begleitete mich bergab – ein sanfter, fast feierlicher Auftakt für einen langen Tag.


Die Route führte durchs Val d’Orcia, vorbei an Feldern, Obsthainen und vereinzelten Gehöften. Nach einigen Stunden legte ich einen Stopp in Pitigliano ein – einer jener Orte, die man nicht unbedingt auf dem Schirm hat, die sich aber sofort einprägen.


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Pitigliano liegt spektakulär auf einem langgezogenen Tuffsteinfelsen, der sich wie ein natürlicher Aussichtsbalkon über das Tal erhebt. Die Stadt wirkt, als sei sie mit dem Fels verschmolzen: Die Gebäude ragen bis an den Rand des steilen Abbruchs, gebaut aus demselben porösen Gestein, das ihnen diesen erdigen, warmen Farbton verleiht. Schon der erste Blick auf die Stadt ist beeindruckend – aber noch faszinierender ist das, was sie erzählt.


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Über Jahrhunderte hinweg lebte hier eine bedeutende jüdische Gemeinde, weshalb Pitigliano den Beinamen "Klein-Jerusalem" trägt. Heute zeugen eine restaurierte Synagoge, alte Weinkeller, eine Bäckerei und eine Mikwe (ein rituelles Bad) von diesem Erbe. In der kleinen Ausstellung im ehemaligen Ghetto kann man mehr über das Zusammenleben der Kulturen erfahren – leise, eindrücklich und ohne Pathos.


Ich ließ das Rad stehen und schlenderte durch die engen, labyrinthartigen Gassen, in denen Licht und Schatten eine ganz eigene Dynamik entwickeln. Zwischen den Häusern öffneten sich immer wieder Ausblicke über das Umland: grüne Täler, Olivenhaine, Weinberge – Toskana pur, aber mit einem kantigeren Charme. In Pitigliano wirkt alles ein wenig roher, ursprünglicher, weniger herausgeputzt – genau das machte den Reiz für mich aus.



Nach dieser intensiven Etappe rollte ich weiter Richtung Küste. Die Hügel wurden flacher, Pinienwälder und Zypressengruppen tauchten auf, die Luft wurde wärmer und feuchter. Der Geruch von Salz und mediterranen Kräutern kündigte das Meer schon an, noch bevor ich es sah.


Die letzten Kilometer bis Orbetello verliefen fast mühelos. Flaches Terrain, wenig Verkehr – perfekte Bedingungen nach den Höhenmetern der vergangenen Tage. Als ich schließlich die Lagune von Orbetello erreichte, lag das Mittelmeer endlich vor mir: ruhig, glitzernd und weit. Die salzige Brise, das Licht auf dem Wasser, das Gefühl, etwas geschafft zu haben – all das machte diesen Moment besonders. Kein Ziel auf der Karte, sondern eines, das sich er-fahren ließ.


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Angekommen auf Elba


Elba, die drittgrößte Insel Italiens und Teil des Toskanischen Archipels, begrüßte mich mit trockenem Wind, salziger Luft und dem typischen italienischen Inselcharme. Die Landschaft ist rau und sanft zugleich, das Tempo eine Spur langsamer – perfekt, um nach den langen Etappen auf dem Festland kurz durchzuatmen.


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Die Insel hat nicht nur Natur, sondern auch Geschichte. Napoleon verbrachte hier 1814 nach seiner Abdankung knapp zehn Monate im Exil. Anders als man denken würde, saß er nicht nur tatenlos herum. Stattdessen modernisierte er die Verwaltung, ließ Straßen und öffentliche Gebäude errichten und nahm sogar Reformen im Bergbau vor. Sein kurzes Gastspiel hat Elba spürbar verändert – auch heute noch erinnern Museen und Villen an seine Zeit auf der Insel.


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Mein Campingplatz in Enfola lag ruhig in einer kleinen Bucht an der Nordküste – mit Blick aufs Meer und guter Ausgangslage für Touren mit dem Rad. Elba ist jedoch nicht ohne: Die Insel ist überraschend hügelig, die Straßen oft eng, und an Wochenenden teilt man sich die Kurven mit Dutzenden Motorradfahrern. Dazu kommt: Die Infrastruktur ist begrenzt. Supermärkte sind rar, deshalb deckte ich mich vorab ein, um nicht ständig nach Portoferraio zurückzufahren. Auch die Preise sind höher als auf dem Festland – wer nicht jeden Abend im Restaurant sitzen will, kocht besser selbst.



Mit dem Rad erkundete ich die Insel in alle Richtungen. Elba zeigt sich dabei erstaunlich vielfältig: Steile Anstiege, schmale Küstenstraßen, dichte Pinienwälder und verschlafene Dörfer. Ein Highlight war der Anstieg zum Monte Capanne, dem höchsten Punkt der Insel. Der Blick von dort oben – auf Elba und den gesamten Archipel – entschädigt für jede Schweißperle.



Natürlich führte mich mein Weg auch zu den Stränden. Besonders der Strand von Sansone, nur wenige Kilometer vom Campingplatz entfernt, war ein kleines Paradies: kristallklares Wasser, weißer Kies, türkisfarbene Wellen und dramatische Felsen im Hintergrund. Ein Ort, an dem man einfach bleibt – länger als geplant.


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Ich nahm mir Zeit, Portoferraio zu erkunden, durch die Altstadt zu schlendern, den Blick vom Forte Stella zu genießen und in kleinen Läden zu stöbern. Auch Orte wie Capoliveri, ein charmantes Bergdorf, oder Marina di Campo mit seinem langen Sandstrand standen auf meiner Liste.

Die Tage auf Elba waren genau das, was ich nach dem Festland brauchte: ein Wechsel des Rhythmus, eine Portion Inselruhe – und das Gefühl, die Reise sei noch lange nicht vorbei.


Bologna – Drei Namen, viele Gesichter


La Dotta, La Grassa, La Rossa


Nach fünf Tagen auf Elba verließ ich die Insel mit der Fähre zurück nach Piombino. Von dort aus brachte mich der Zug nach Bologna – einer Stadt, die nicht laut wirbt, sondern mit Substanz überzeugt. Lebendig, architektonisch dicht, kulinarisch unverschämt gut und voller Kontraste.


Die Stadt trägt drei Beinamen – und alle drei begleiten einen ständig beim Erkunden:La Dotta, die Gelehrte, steht für die Universität von Bologna, die älteste Europas, gegründet im Jahr 1088. Und ohne sie wäre Bologna nicht das, was es ist. Die Studierenden prägen die Stadt. Sie sitzen auf Stufen, füllen die Bars, diskutieren auf Plätzen – sie halten die Stadt jung. La Grassa, die Fette, steht für das Essen. Für Tagliatelle al Ragù, für Tortellini, für Mortadella, für Zabaione-Kaffee. Hier isst man nicht einfach, hier feiert man Geschmack.Und La Rossa, die Rote, verweist auf die endlosen roten Ziegelfassaden, Terrakottadächer und natürlich auch die politische Geschichte der Stadt. Bologna wirkt wie aus einem Guss – warm, geschlossen, charakterstark.


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Ich übernachtete zentral in der Nähe der Via Rizzoli, keine fünf Minuten zu Fuß bis zur Piazza Maggiore. Dort schlägt das Herz der Stadt – umgeben von der wuchtigen Basilika San Petronio, dem Neptunbrunnen und den mächtigen Palazzi. Ich setzte mich spät abends mit einem Espresso auf eine der Stufen und ließ die Geräusche wirken.



Am nächsten Morgen: die Due Torri – Asinelli und Garisenda. Ich ließ das Hochsteigen aus, doch allein der Blick nach oben war beeindruckend. Danach zog mich das Quadrilatero-Viertel in seinen Bann: Ich holte mir bei Ragù eine Portion Tagliatelle, später im Aroma Specialty Coffees einen cremigen Zabaione. Kalorien zählen? In Bologna ein Affront.



Dann Richtung Norden: Via Zamboni, das Rückgrat der Zona Universitaria. Gespräche, Musik, Bierflaschen auf Fensterbänken. Hier ist Bologna am ehrlichsten.


Den Nachmittag verbrachte ich auf dem Weg zur Madonna di San Luca, der Wallfahrtskirche hoch über der Stadt. Der Portico di San Luca, über 600 Arkadenbögen lang, begleitet einen fast meditativen Anstieg. Oben: Wind, Weitblick, Ruhe.


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Zum Abschluss entdeckte ich die Finestrella di Via Piella – ein kleines Fenster mit Blick auf einen alten Kanal. Ein Stück altes Bologna, fast verborgen – wie viele Facetten dieser Stadt.


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Tipps für deine Bikepacking-Tour durch die Toskana


Routenplanung: Die Toskana ist landschaftlich extrem abwechslungsreich: sanfte Hügel, Schotterpisten, kleine Dörfer und historische Städte liegen oft nur wenige Kilometer voneinander entfernt. Plane deine Etappen so, dass du beides schaffst – das Radfahren und das Erleben. Weniger ist manchmal mehr.


Unterkünfte: In Hotspots wie Florenz, Siena oder an der Küste empfiehlt es sich, Unterkünfte vorab zu buchen – vor allem, wenn du nicht zelten willst. Spontan geht es natürlich auch, aber rechne in der Hochsaison mit ausgebuchten Pensionen und Campingplätzen. Wer flexibel bleibt, findet oft die charmantesten Orte.


Rad und Ausrüstung: Ein Gravelbike oder robustes Tourenrad ist ideal – die Wege wechseln oft zwischen Asphalt, Schotter, Waldpfaden und Pflasterstraßen. Gute Allround-Reifen, Ersatzschläuche, Multitool und Flickzeug gehören zur Grundausstattung. Lieber ein Kilo mehr Werkzeug als unterwegs festzustecken. Eine große Powerbank (20.000 mAh oder mehr) kann sinnvoll sein – genauso wie ein kompakter Dreifachstecker, falls du mal in einer Unterkunft mit nur einer Steckdose landest.


Navigation: Nicht überall ist Empfang. Lade deine Karten und Routen vorab in Komoot, Gaia GPS oder eine andere App herunter – offline-Nutzung spart Stress. Zur Sicherheit auch Screenshots wichtiger Abschnitte speichern.


Wasser und Hitze: Ab Juni kann es in der Toskana richtig heiß werden – 35 Grad sind keine Seltenheit. Zwei große Trinkflaschen sind Pflicht, ein dritter Halter unter dem Unterrohr ist ideal. Öffentliche Brunnen mit trinkbarem Wasser („Acqua Potabile“) findest du in vielen Dörfern – auf Komoot lassen sie sich sogar gezielt anzeigen. Allerdings sind manche Brunnen außer Betrieb oder ausgetrocknet – besonders in heißen, trockenen Sommern. Eine bewährte Alternative sind Friedhöfe: Dort gibt es fast immer funktionierende Wasserhähne mit fließendem Wasser, oft sogar im Schatten. Für wirklich abgelegene Strecken lohnt es sich, zusätzlich einen kleinen Wasserfilter oder Reinigungstabletten dabeizuhaben – einfach für den Fall der Fälle.


Verpflegung unterwegs: In fast jedem Ort gibt’s kleine Läden, Bäckereien oder Bars mit allem, was man braucht. Italien ist ein kulinarisches Paradies – nutze es. Nur in sehr kleinen Dörfern oder an Sonntagen kann es mal knapp werden. Notvorrat schadet nie.


Wäsche: Für mehrtägige Touren lohnt sich ein kleines Fläschchen Handwaschmittel. Waschen geht fast überall – ein Gummiband oder eine Wäscheleine zum Aufhängen macht den Unterschied.


Beste Reisezeit: Mai und September sind ideal. Die Temperaturen sind angenehm, es ist nicht zu voll, und die Natur zeigt sich von ihrer besten Seite. Juli und August sind deutlich heißer und vor allem an der Küste oft überlaufen.


Fahrradmitnahme in der Bahn: In Fernzügen wie dem ÖBB Eurocity oder den Frecce-Zügen von Trenitalia brauchst du eine Fahrrad-Reservierung. Die Plätze sind begrenzt – also früh buchen. Regionalzüge sind oft unkomplizierter, hier reicht meist ein separates Fahrradticket. In den Apps von ÖBB und Trenitalia lassen sich Tickets bequem buchen und verwalten.


Bahnhöfe und Umstiege: Plane bei Umstiegen lieber ein paar Minuten mehr ein. Italienische Bahnhöfe sind nicht immer fahrradfreundlich – lange Wege, keine Aufzüge, viele Treppen. Mit einem voll beladenen Rad kann das herausfordernd sein.


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